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Joachim Hirling, Karlsruhe - 21. Dezember 1996
     
  Z w i s c h e n b e r i c h t  
     
  J o a c h i m   H i r l i n g
R e f e r a t : 4 2 3
K e n n z i f f e r : D / 9 6 / 1 1 1 0 2
 
     
J o a c h i m   H i r l i n g
Male Dorm R. 6 3 1 3
Hsueh - Yuan Road 1
112 Taipei City, Peitou
National Institute of the Arts T a i w a n R . O . C .
    Fax über das Studentensekretariat:
00 886- 2 - 89 38 789
e - mail:
hirling@finearts.nia.edu.tw
 
    Z w i s c h e n b e r i c h t ,
vom 21.12.1996, Taipei
 
    Jahresstipendium Kunst
vom 01.10.1996 - 30.09.1997
Land: Taiwan R. O. C.

 

 
    Ankunft planmäßig am 1. Oktober 1996 in Taipei. Erste Unterkunft privat. Teilte dem Deutschen Kulturbüro meine jeweils aktuelle Anschrift mit.
        Am 3. Oktober 1996 Einschreibung als Gasthörer am National Intstitute of the Arts (NIA), Department of Fine Art.  
        Studiengebühr 3000 NT$. Unterricht wie vorgesehen für chinesische Kalligraphie und chinesische Malerei bei Professor Li Yi-Hong.  
        Am 4./5. Oktober 1996 nahm ich auch am DAAD Nachfolgetreffen in Taipei teil, dabei Dr. Hornberger über die ersten Tage meines Aufenthaltes berichtet. Hierbei lernte ich auch die DAAD-Lektoren Dr. Peter Jaumann und Burkhardt Anllner kennen, ebenso sah ich auch einige meiner Mitstipendiaten wieder.  
        Seit Ende Oktober 1996 wohne ich im Studentenwohnheim des NIA. Dabei handelt es sich wie hier üblich um ein Vierbettzimmer. Zu jedem Zimmer gehört auch eine eigene Toilette und Dusche. Im Wohnheim selbst ist jedoch keine von den Studenten benutzbare Küche vorhanden, es gibt aber Heisswasserautomaten mit Trinkwasser. Derzeit wohnen mit mir noch zwei weitere taiwanesische Studenten in diesem Zimmer.

Die Miete pro Semester beträgt 4500 NT$ und die Kaution 2000 NT$. In der Mensa des NIA kann man dreimal täglich Essen bekommen. Die Menüs stellt man sich selbst zusammen und kosten je nach Art und Menge zwischen 50 und 100 NT$. Sonntags ist die Mensa meist geschlossen. In der Nähe gibt es jedoch auch viele kleine Restaurants. Das Essen dort ist natürlich teurer.

 
    Aufgrund meines Gasthörerstatus ist keine Krankenversicherung hier über das NIA möglich, daher muss ich ganz über den DAAD in Deutschland versichert werden. Dies hängt damit zusammen, daß ich als Gasthörer, bzw. als Forschungsstudent keine ganz reguläre Einschreibung habe.

Die beiliegende Bescheinigung weist daher auch nur die bisher anwesende Zeit aus. Am Ende des Stipendiums kann ich eine weitere Bescheinigung bekommen.

In der Fakultät für Bildende Kunst bin ich der erste ausländische Student der am praktischen Unterricht teilnimmt. Hierfür gelten generell andere Einschreibebestimmungen als für den theoretischen Unterricht, z.B. reine Kunstgeschichte.

    Von der Schulleitung werde ich sehr gut betreut. Wie die regulären Studenten kann ich auch alle Einrichtungen nach entsprechender Beantragung nutzen, der bisher immer statt gegeben wurde. So habe ich auch im NIA einen Atelierplatz in den Räumen meines Klassenprofessors, Zugang zur Bibliothek und seit kurzem auch zum studentischen Computerraum. Meine E-mail Anschrift im NIA hier lautet: < hirling@finearts.nia.edu.tw >. Ebenso kann ich auch im Technological Arts Center, z.B. Videos bearbeiten.
    Die einzige noch offene Frage ist eine Zusage für ein Residentsvisa. Die Schule hat für mich diesbezüglich nochmals mit mir zusammen einen Antrag gestellt. Inzwischen kam vom Erziehungsministerium die Nachricht, dass der Antrag an das Außenministerium weitergeleitet wurde. Derzeit warte ich auf deren Antwort.
        Zwischenzeitlich habe ich hier vor Ort in Taipei mein Visa ohne Probleme um zwei Monate bei der Polizeimeldebehörde auf 31. Januar 1997 verlängern können. Wie man mir sagte, kann man meist zweimal das Visum, um jeweils zwei Monate, innerhalb Taiwans verlängern. Im schlimmsten Fall muss ich das Land ein bis zwei mal kurz verlassen, was ich aber auch mit einem kurzem Ausflug z.B. nach Hong Kong oder Singapur verbinden kann.  
    Der Erhalt der Stipendienrate funktioniert wie aus einem Vorgängerbericht beschrieben, über die Citibank sehr gut. Die Geldautomaten haben hier sogar eine deutschsprachige Bedienungsfunktion. Das Preisniveau entspricht etwa dem einer deutschen Großstadt, so daß ich mit der Stipendienrate zurecht komme. Eine DM entspricht etwa 17,5 NT$.
    Die Menschen sind hier sehr gastfreundlich, und bei derzeit immer noch meist sonnigen plus / minus 18 Grad C ist auch das Wetter ganz angenehm. Etwa wie im Herbst in Deutschland. Von Zeit zu Zeit kommen aber Wind und Regen wodurch es allmählich mehr und mehr abkühlt.
    Das NIA selbst liegt etwas außerhalb des Zentrums von Taipei, und wurde dort erst vor etwa gut fünf Jahren errichtet. Es liegt etwas erhöht auf einem Berg mit schönem Panoramablick auf Taipei.

Inklusive zwanzig Minuten Fußweg bergab zur Bushaltestelle braucht man je nach Verkehr zum Hauptbahnhof zwischen einenhalb und zwei Stunden. Zum Vergleich, mit einem Motorroller, wie in die meisten Studenten besitzen, benötigt man nur etwa eine halbe Stunde. Ab März 1997 soll es eine Stadtschnellbahnverbindung zum Stadtzentrum geben.

        Mein geplantes Studienvorhaben, des Studiums der chinesischen Kalligraphie und der chinesischen Malerei kann ich hier sehr gut umsetzen, ebenso auch die damit einhergehende Weiterentwicklung meiner bisherigen Arbeit. Die Materialbeschaffung vor Ort ist auch gut möglich, zu etwa vergleichbaren Preisen wie in Deutschland.  
        Der Unterricht ist zum einen kunstgeschichtlicher Art und zum anderen werden dabei studentische Arbeiten besprochen. In der Regel findet er dreimal pro Woche statt, des weiteren übe und arbeite ich selbständig im NIA. Dabei entwickle ich meine in Deutschland begonnene Arbeit weiter.

Ein zentrales Motiv dabei ist für mich der ständige Wechsel von Formfindung und Formauflösung. Dieses in Erscheinung treten und wieder Untertauchen von Formen und die daraus hervorgehenden Strukturen bearbeitete ich bisher vorwiegend mit und aus der Farbe heraus.

In der chinesischen Kalligraphie gibt es für mich dazu verschiedene Entsprechungen, die sich in den verschiedenen Kalligraphiestilen ausdrücken. Dabei kommt aber keine Farbe vor, sondern es wird nur mit Pinsel und schwarzer Tusche gearbeitet.

Sehr formbetont sind zum Beispiel die Standardregelschrift, über die Schnellschrift und die Grasschrift werden hingegen sehr stark formauflösende Momente sichtbar.

Das Einüben der entsprechenden Techniken ist sehr zeitintensiv. Neben dem Unterricht für Kalligraphie besuche ich auch den Unterricht für chinesische Malerei, in dem exemplarisch Künstler und deren Arbeiten aus verschiedenen Epochen vorgestellt werden.

 
        Des weiteren vertiefen auch die Gespräche mit meinen KomilitonInnen hier mein Verständnis für die chinesische Kunst. Zum Teil werde ich auch mit anderen Studenten privat zu meinem hiesigen Professor Li eingeladen.

Hinzu kommen noch Besuche der hier örtlichen Museen und Galerien, vor allem des Palastmuseums mit seiner hervorragenden Sammlung an chinesischen Kalligraphien und chinesischer Malerei, was meine Auseinandersetzung damit sehr unterstützt.

 
        Das NIA hat sechs Fakultäten, eine für Bildende Kunst, eine für Bühnenbild, eine für Tanz, eine für Theaterwissenschaft, sowie eine für klassische chinesische und eine für klassische westliche Musik.

An den verschiedenen Fakultäten studieren insgesamt etwa 1000 Studenten. Es gibt aber nur wenige ausländische Studenten und Lehrer hier, insgesamt etwa 10 Personen.

Mit meinen Sprachkenntnissen komme ich zurecht, lerne natürlich auch weiter dazu. Zum Teil kann man auch mit englisch oder gar auf deutsch kommunizieren, die jeweiligen Sprachkenntnisse sind aber sehr unterschiedlich.

Die derzeitige Fakultätsdirektorin des Fine Arts Department Frau Dr. Lai studierte früher in Wien Kunstgeschichte und spricht sehr gut deutsch. Sie hat mir auch schon bei einigen bürokratischen Sprachproblemen geholfen. Auch an den anderen Fakultäten gibt es Lehrbeauftragte die früher einige Zeit in Deutschland studierten, und im Studium Generale wird auch Deutsch als Fremdsprache unterrichtet.

 
    Ich bin sehr froh, das ich hier in Taiwan mein Arbeitsvorhaben mit dem DAAD Stipendium umsetzen kann.
    Nachträglich wünsche ich Ihnen nun noch eine Frohe Weihnachtszeit und ein gutes Neues Jahr
 
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